Mitbestimmung in schwerer Lage

Mitbestimmung in schwieriger Lage

 

Gegen den Betriebsrat der WEA Service Ost wird seit Monaten Stimmung gemacht. Davon unbeirrt setzt sich das Gremium für die Interessen der Arbeitnehmer ein. Doch klar ist auch: Die Kommunikation im Betrieb muss verbessert werden

 

Betriebsräte, die ihren Mitbestimmungsrechten und Pflichten nach dem Gesetz nachkommen wollen, haben es bei Enercon nirgends leicht. Doch in wohl keinem anderen der zahlreichen Tochterunternehmen des Windkraft-Konzerns steht ein Betriebsrat seit Monaten so unter Druck wie in der Enercon Windenergieanlagen-Service-GmbH Ost. Seit fast einem halben Jahr versucht die Geschäftsleitung den Betriebsratsvorsitzenden Nils-Holger Böttger aus dem Betrieb zu drängen, weil er sich für die Rechte von Leiharbeitern eingesetzt hat. Der Fall ist vor dem Arbeitsgericht anhängig. Der Betriebsrat steht hinter dem Vorsitzenden, aber das Klima im Betrieb ist angespannt.

 

Einige Mitarbeiter starteten eine Unterschriftenkampagne gegen den Betriebsrat. Die Geschäftsführung hat keine Erfahrung mit betrieblicher Mitbestimmung, von der vom Gesetz geforderten »vertrauensvollen Zusammenarbeit« zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ist man weit entfernt. Zu alledem wurde jetzt noch Personalabbau angekündigt. Betriebsbedingte Kündigungen soll es zwar nicht geben, aber befristete Verträge werden wohl nicht verlängert und Leiharbeitern droht die Abmeldung.

 

Der Betriebsrat, nicht mal ein Jahr im Amt, hat schwer zu kämpfen. Doch entmutigt sind sie nicht, die fünf Kollegen, die Ende Oktober zu einem Seminar im IG Metall Bildungszentrum Berlin zusammen kamen. Sie wollen sich mit Wissen versorgen, wie sie ihre Arbeit als Interessenvertretung effektiver organisieren und die Kommunikation mit den Kolleginnen und Kollegen im Betrieb verbessern können.

 

Denn die Kommunikation unter der Belegschaft ist gestört, das ist nicht zu übersehen. Angeblich sollen 40 Prozent der Beschäftigten die Liste unterschrieben haben, mit der mehr oder weniger der Rücktritt des kompletten Betriebsrates gefordert. Ob es wirklich so viele waren, ist unklar, aber fest steht: Der Betriebsrat hat ein ernstes Problem, und es hat auch mit missglückter Kommunikation zu tun. »Viele Kollegen, die dort unterschrieben haben, distanzieren sich wieder davon – wenn wir mit ihnen reden«, sagt Christian Hohmann. »In persönlichen Gesprächen stellt sich immer wieder heraus, wie sehr diese ganze Anti-Betriebsrats- und Anti-Gewerkschaftskampagne auf Gerüchten und diffuser Stimmungsmache beruht.« Allein: Persönliche Gespräche zu führen ist nicht immer einfach, denn die Belegschaft ist über Servicestützpunkte und Baustellen verstreut, die weit auseinander liegen.

 

Dabei hat es der Betriebsrat nicht schlecht angefangen. Nach jeder Sitzung wurde eine Rundmail verschickt. »Aber nach drei, vier Monaten ist das wieder eingeschlafen«, berichtet Tobias Dombrowski. »Wir dachten, wir müssten Erfolge berichten, aber die stellten sich nicht so schnell ein.« Kein Wunder: Der Betriebsrat hatte heftigen Gegenwind. Und es gab auch so genug zu tun: Für das bislang reichlich intransparente Lohngefüge wurde ein »Eingruppierungscheck« erarbeitet, angesichts des angekündigten Personalabbaus muss ein Sozialplan und Interessenausgleich vorbereitet werden. Viele Baustellen, aber noch nichts, was man groß präsentieren kann, dachten sie. »Wir haben das unterschätzt. Im Grunde müssen wir eine ständige Aufklärungskampagne führen.«

 

Denn tatsächlich hat der Betriebsrat einiges vorzuweisen: Ein transparentes Eingruppierungsverfahren soll mit dem Arbeitgeber in Form einer Betriebsvereinbarung verbindlich geregelt werden. Es wird noch dauern, bis es soweit ist, aber ein Entwurf wird derzeit vom Betriebsrat erarbeitet. Dass Stellen jetzt zunächst intern ausgeschrieben und bekannt gemacht werden, geht auf die Initiative des Betriebsrates zurück. Und dass der Arbeitgeber sein Vorhaben, verpflichtende Samstagsarbeit einzuführen, wieder aufgegeben hat, liegt schlicht daran, dass er den Betriebsrat erst gar nicht um Zustimmung gefragt hat. Wahrscheinlich hielt er die Erfolgsaussichten für gering. »Damit hat er die Lage im Prinzip realistisch eingeschätzt«, meint Thomas Ahrendt.

 

Fest steht: In Zukunft wird es wieder einen regelmäßigen Email-Newsletter geben, aber auch ein gedrucktes Betriebsratsinfo auf Papier, denn nicht alle Mitarbeiter haben am Arbeitsplatz Zugriff aufs Internet. Ein eigens »Schwarzes Brett« für Aushänge des Betriebsrates ist geplant, und auch persönliche Gespräche mit den Kollegen sollen künftig mehr Raum bekommen. Denn auch wenn der Großteil der Mitarbeiter über Servicestationen und Baustellen im Land verteilt ist – am Montag sind immer alle in Magdeburg.

 

 

1 Kommentar
  1. Diese Unterschriftenaktion läuft auch bei uns in Haren
    die Leute M.A. Werden von einigen der Leute geködert mit der Aussage wen ihr das nicht Unterschreibt wird dein Vertrag nicht Verlängert oder es gibt kein Weihnachtsgeld

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