»Weil man mit Solidarität etwas erreichen kann«

»Weil man mit Solidarität etwas erreichen kann«

 

IG Metall-Vertrauensleute aus ganz unterschiedlichen Unternehmen unterstützen die Enercon-Betriebsräte. Vier Kollegen erklären, warum sie das tun und dafür sogar Urlaub nehmen.

 

 

WindraederEnercon

 

Jürgen und Kevin, ihr seid Vertrauensleute bei Daimler in Rastatt und Gaggenau. In dieser Woche seid ihr gemeinsam mit Enercon-Betriebsräten der WEA Service Küste unterwegs. Was treibt euch aus Baden-Württemberg nach Mecklenburg-Vorpommern?

 

Jürgen: Bei Daimler kann man gut sehen, dass Mitbestimmung und Tarifverträge ein Erfolgsmodell sind. Aber darauf wollen wir uns nicht ausruhen. Wir Vertrauensleute bei uns im Betrieb haben schon vor drei Jahren diskutiert, wie wir den Kollegen bei Enercon helfen können, auch in ihrem Unternehmen Betriebsräte zu wählen. Als es dann hieß, wir unterstützen sie mit einer Organizing-Aktion, war klar: Ich bin dabei.
Kevin: Ich habe meine Ausbildung beim Benz in Gaggenau gemacht und bin jetzt zehn Jahre dort. Bei uns im Betrieb bin ich Hauptvertrauensmann der IG Metall. Auch ich war 2013 rund um Aurich dabei, als es darum ging, die Betriebsratswahlen bei Enercon zu unterstützen. Es macht mir Spaß, auf Leute zuzugehen und mit ihnen Lösungen für Probleme zu finden.

 

Holly, du arbeitest bei einem großen schwäbischen Autozulieferer in Reutlingen und hast unbezahlten Urlaub genommen, um in dieser Woche den Enercon-Kollegen zur Seite zu stehen. Warum machst du das?

 

Holly: Gewerkschaft ist die einzige Organisation, mit der Beschäftigte etwas erreichen können. Ich habe das selbst erlebt, als unsere Firma Mitte der 90er Jahre von einem Großkonzern aufgekauft wurde. Der wollte dann große Teile des Unternehmens ins Ausland verlagern. Auch mein Arbeitsplatz wäre betroffen gewesen. Doch das Management musste die Pläne ändern: Die Verlagerung ist verhindert worden, weil sich die Kollegen der anderen Standorte und ihre Betriebsräte mit uns solidarisiert haben. Vorher hatte ich mit Gewerkschaft und Betriebsrat nie etwas zu tun gehabt, mich hat das überhaupt nicht interessiert. Aber das war ein Schlüsselerlebnis für mich. Es hat gezeigt, dass man mit Solidarität und Organisation etwas erreichen kann. Das hat meinen Arbeitsplatz gerettet. Ich bin dann in die IG Metall eingetreten, und seitdem versuche ich, diese Erfahrung anderen nahezubringen.

 

Uwe, was hast du als Vertrauensmann bei einem norddeutschen Maschinenbauer mit der Windkraft und Enercon zu tun?

 

Uwe: Ich bin dabei, weil bei uns im Unternehmen viele Dinge auch nicht so gut laufen. Wir haben zwar einen Betriebsrat, wir haben einen Tarifvertrag, aber es gibt andere Probleme: Etwa ein hoher Leiharbeiteranteil – und der dient nicht dazu, Auftragsspitzen abzufedern. Leiharbeiter erledigen Aufgaben, für die es eigentlich Dauerarbeitsplätze geben müsste. Wir schaffen es im Moment aber nicht, das zu ändern, weil wir als IG Metall im Betrieb einfach nicht gut genug organisiert sind, dies möchte ich vorantreiben. Bei Enercon bewegt sich etwas, und ich hoffe, dass das ein Beispiel für unsere Leute sein kann, dass man durch gemeinsame, solidarische Aktion die Dinge in die Hand nehmen und verändern kann.

 

Ihr alle seid nicht zum ersten Mal in der Region, um eure Kollegen bei Enercon zu unterstützen. Hat man euch schon mal gefragt, was ihr hier eigentlich verloren habt?

 

Jürgen: Nein, das nicht. Aber vor zwei Jahren hat mir ein Monteur auf einem Wartungsstützpunkt gesagt: »Betriebsrat bei Enercon? Das klappt in hundert Jahren nicht!« Wir haben geredet und uns nochmal getroffen. Nicht lang darauf ist er in die IG Metall eingetreten. Inzwischen ist der Kollege selbst Betriebsrat.

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