Im Urlaub voll und ganz „abschalten“

Im Urlaub voll und ganz „abschalten“

UrlaubArbeitnehmer müssen nicht ständig erreichbar sein

Handy ausschalten, Computer runterfahren, Stecker ziehen – voll und ganz abschalten. Arbeitnehmer müssen nicht ständig erreichbar sein und Anrufe entgegennehmen – schon gar nicht im Urlaub.

Was ist, wenn der Chef oder Kollegen während des Urlaubs den Mitarbeiter sprechen möchten, um eine dringende Frage zu klären? Muss dann der Arbeitnehmer ständig erreichbar sein und den Anruf entgegennehmen?

Rufbereitschaft klar regeln

Eigentlich ist die rechtliche Lage ziemlich eindeutig. Man muss nicht erreichbar sein. Das Diensthandy darf während der Ferien ausgeschaltet bleiben. Privatnummern müssen dem Arbeitgeber nicht mitgeteilt werden. Ebenso ist der Arbeitnehmer nicht verpflichtet, seine E-Mails während seines Urlaubs regelmäßig abzurufen, um auf dem Laufenden zu sein.

Steht allerdings im Arbeits- oder Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung, dass der Arbeitnehmer Rufbereitschaft zu leisten hat, muss er in der vereinbarten Zeit telefonisch erreichbar sein. In der Regel wird die Zeit der Rufbereitschaft genau festgelegt und auch finanziell abgegolten. Schließlich schränkt sie die Gestaltung der Freizeit ein. Dabei muss die Rufbereitschaft so organisiert sein, dass die gesetzlichen Höchstarbeitszeiten nicht überschritten und dass die Regelungen zur Ruhezeit und Nachtarbeit eingehalten werden.

Stand-by-Modus macht krank

Abgesehen von der gesetzlichen Lage tun Beschäftigte aus Eigeninteresse gut daran, sich eine handyfreie Zeit zu nehmen. In der üblichen Arbeitshektik verschwimmen die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit ohnehin viel zu sehr – oft mit gesundheitlichen Folgen. Die Auswirkungen ständiger Erreichbarkeit via E-Mail und Handy haben schon viele krank gemacht. Oft ist es ein schleichender Prozess. Um Kollegen und Vorgesetzten aber auch Kunden die eigene Einsatzbereitschaft zu zeigen, schauen viele Beschäftigte auch nach Dienstschluss in ihre E-Mails und antworten in ihrer Freizeit auf vermeintlich wichtige Anfragen.

Dieser Stand-by-Modus in der Freizeit führt zu Beeinträchtigungen im Privatleben von Beschäftigten. Das stellt die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin fest, die dieses Thema intensiv erforscht hat. Eigentlich können die modernen Kommunikationstechnologien Arbeitnehmern das Leben angenehmer machen: Wer seine geschäftlichen E-Mails am Abend von zuhause beantwortet, kann früher das Büro verlassen, um die Kinder rechtzeitig aus der Kita abzuholen. Wer auch im Urlaub von Kollegen und Vorgesetzten über die jüngsten Entwicklungen in der Firma auf dem Laufenden gehalten wird, findet reibungsloser in den Arbeitsalltag zurück.

Höheres Risiko von Depressionen

Untersuchungen zu den Folgen ständiger Erreichbarkeit belegen aber die Kehrseite der Medaille. Arbeitsbezogene Kommunikation außerhalb der Bürostunden ist für viele Beschäftigte alltäglich: Nach einer Befragung der Betriebskrankenkassen ist gut die Hälfte der Beschäftigten jederzeit für Arbeitsangelegenheiten erreichbar. Nach einer Erhebung des Branchenverbands Bitkom sind 29 Prozent jederzeit und 37 Prozent zumindest abends an Wochentagen für Kunden, Kollegen oder den Chef zu sprechen. In einer AOK-Studie gaben 34 Prozent der Befragten an, dass sie „häufig oder sehr häufig“ außerhalb der Arbeitszeit Mail- oder Telefonkontakt mit dem Arbeitgeber hatten.

Wie wirkt es sich auf Gesundheit und Zufriedenheit von Arbeitnehmern aus, wenn sie auch in der Freizeit ständig auf das Smartphone schielen, um keine Nachricht aus dem Büro zu verpassen? Ein Befund macht hellhörig: Der DAK-Gesundheitsreport 2013 betont ausdrücklich das größere Risiko von Depressionen bei höherer Erreichbarkeit. Auf die problematischen Auswirkungen hoher Erreichbarkeit weisen auch Befunde der AOK und des DGB-Index Gute Arbeit hin. Allerdings ist es oft schwierig zu sagen, inwieweit gesundheitliche Beeinträchtigungen ausschließlich auf den Faktor Erreichbarkeit zurückgehen. Denn häufig kommen viele Stressfaktoren zusammen. Wer zum Beispiel oft Arbeit mit nach Hause nimmt, steht in der – vermeintlich – freien Zeit auch häufig in Mail-Kontakt mit der Firma.

Gefahr von Burnout

In Studien wird deutlich: Je höher die arbeitsbezogene Erreichbarkeit ist, desto stärker sind Konflikte zwischen Arbeits- und Privatleben ausgeprägt. Je nach Studie kann man „von einem kleinen bis starken Effekt sprechen“. Dies gilt unabhängig von beruflicher Position, Karriereambitionen, Arbeitsbelastung und Arbeitszeitgestaltung der Betroffenen.

Wer unter extremem Druck steht, nur geringe Entscheidungsspielräume und eine wenig flexible Arbeitszeit hat, leidet besonders darunter, auch Teile des Privatlebens noch in Hab-Acht-Stellung verbringen zu müssen. Je ausgeprägter die arbeitsbezogene erweiterte Erreichbarkeit, desto eher berichten die Beschäftigten von Stress, Burnout und Nicht-Abschalten nach der Arbeit. Einige Untersuchungen belegen auch negative Auswirkungen auf Leistungsfähigkeit und Engagement. Wer sich nicht ausreichend entspannen kann, muss sich zur Bewältigung der Arbeitsanforderungen umso stärker anstrengen – mit der Gefahr weiterer schädlicher Folgen.

Wer also Urlaub hat und keine Rufbereitschaft oder ähnliche Dienste hat, sollte mal richtig abschalten. Beschäftigte sind dann wieder richtig leistungsfähig, wenn sie gut ausgeruht und erholt aus dem Urlaub zurückkommen. Denn Urlaub ist dafür da, neue Kraft zu tanken durch Nichtstun und Seele baumeln lassen.

 

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