»Damit es wieder ein Wir gibt« – Hohe Wahlbeteiligung bei der WEA Service Süd-Ost

»Damit es wieder ein Wir gibt« – Hohe Wahlbeteiligung bei der WEA Service Süd-Ost

 

Donnerstag morgen, sieben Uhr, an einer Tankstelle irgendwo zwischen Chemnitz und Leipzig. Kai, Martin und Olli haben gerade die Wahlurne klargemacht. Jetzt noch schnell einen Kaffee, dann geht es los. In einer Stunde beginnen die Betriebsratswahl bei der Enercon WEA Service Süd-Ost. Den Anfang machen die Beschäftigten am Stützpunkt Penig bei Burgstädt.

 

143 Kollegen arbeiten in der Süd-Ost, verteilt über 18 Stützpunkte in Südbrandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Olli, Kai und Martin sind als Wahlvorstand unterwegs – wenn in Penig gewählt wurde, fahren sie mit der versiegelten Urne weiter ins 130 Kilometer entfernte Göda bei Bautzen. Am Freitag geht es nach Jüterbog in Brandenburg, am Montag wird in Hermsdorf in Sachsen-Anhalt gewählt und schließlich ausgezählt.

 

Die drei Monteure engagieren sich aber nicht nur ehrenamtlich im Wahlvorstand. Sie kandidieren (mit neun weiteren Kollegen) auch auf der Liste 2 »Pro Personenwahl«. Auf der treten Kollegen an, die in der IG Metall organisiert sind oder mit ihr zusammenarbeiten und sich schon länger für einen Betriebsrat bei der Enercon-Tochter einsetzen. Ursprünglich wollten sie, wie der Name der Liste ahnen lässt, eine Personenwahl durchführen. Aber dann wurde, kurz vor Ablauf der Frist, noch eine »Alternative Wahlliste« angemeldet –  von Kollegen, die mit der Gewerkschaft nichts zu tun haben wollten.

 

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Die IG Metall sind wir

 

Vielleicht haben die Leute Angst vor Veränderung, vermutet Kai. Vielleicht waren sie auch einfach falsch informiert. Eine Sache hätten sie auf jeden Fall gründlich missverstanden: »Die IG Metall«, sagt er, »das sind die Kumpels im Unternehmen, die in der IG Metall organisiert sind. Nicht irgendwelche Leute in Frankfurt am Main. Wir sind das.«

 

Der 29jährige ist seit 2005 bei Enercon. »Ich arbeite gern hier«, sagt er. »Ich würde meinen Arbeitsplatz bei Enercon nicht eintauschen.« Enercon habe die technologisch die Nase vorn,  biete den besten Service der Branche. Aber jetzt sei die Zeit reif für Mitbestimmung der Beschäftigten. »Wir sind keine Garagenfirma mehr, wir sind ein global agierendes Unternehmen. Da gehört ein Betriebsrat einfach dazu.«

 

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Hier sieht Enercon noch wie eine Garagenfirma aus

 

Was müsste der Betriebsrat anpacken? Die drei müssen nicht lang überlegen. »Das Schichtsystem und die Rufbereitschaft einvernehmlich regeln und die Überstundenregelung reformieren«, sagt Olli. »Vor allem wollen wir gefragt werden, bevor die Geschäftsführung Entscheidungen trifft, die uns betreffen. Schließlich sind wir es, die das Geld verdienen.«

 

Damit jeder der 143 Kollegen mitentscheiden kann, welche Themen der künftige Betriebsrat in Angriff nehmen soll, haben Olli, Kai, Martin und die anderen Metaller in der vergangenen Woche eine Umfrage organisiert und Fragebögen an den Stützpunkten verteilt. »Was ist euch wichtig?« steht darauf. »Drei Viertel der Bögen kamen ausgefüllt zurück«, sagt Martin. Bis jetzt hat sie sich niemand angesehen. Die Antworten sind in einer Kiste, die dem neuen Betriebsrat übergeben – als Arbeitsauftrag der Belegschaft sozusagen.

 

Vier Stunden später ist die Abstimmung in Penig gelaufen. Stimmung und Beteiligung waren »sehr gut«, meinen die drei. »Mindestens drei Viertel der Kollegen haben ihre Stimme abgegeben«, schätzt Olli, dazu kommen noch die Briefwähler, die bereits gewählt haben. Die Urne wird in den Enercon-Transporter verladen, und weiter geht’s nach Ostsachsen.

 

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Die verplombte Wahlurne

 

Um 15 Uhr beginnt die Wahl im Stützpunkt Nedaschütz bei Göda nahe Bautzen. Hier sieht Enercon wirklich noch wie eine Garagenfirma aus. Nur zwei Monteure sind hier stationiert. Doch für die Wahl sind Kollegen von etlichen weit verstreuten Stationen hergekommen. Trotz der langen Wege ist die Wahlbeteiligung auch hier hoch. Kurz bevor die drei Wahlvorstandsmitglieder mit der Urne losfahren, fällt Martin noch ein guter Grund für einen Betriebsrat ein: »Damit es wieder ein Wir gibt«. Das meiste bei Enercon ist schon in Ordnung, meint er, aber ein paar Sachen sollten verbessert werden. »Und das geht nur, wenn wir mit der Geschäftsführung auf Augenhöhe diskutieren können.«  Denn voranbringen, da ist er sich sicher, kann man Enercon nur gemeinsam.

 

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Betriebsratswahlen in den verstreuten Servicestützpunkten – das ist auch eine logistische Herausforderung

 

1 Kommentar
  1. Wie soll das Schichtsystem denn eurer Meinung nach aussehen?